Home Interview Bubblemum Society meets Katharina Nachtsheim, Stadt Land Mama

Bubblemum Society meets Katharina Nachtsheim, Stadt Land Mama

by Julia

Es ist ein herbstlicher, sehr grauer, nasser Morgen in Zehlendorf. Ich habe keinen Schirm, dafür aber eine lange Fahrt quer durch Berlin hinter mir. Alles erscheint trist, aber das ändert sich schlagartig, als Katharina mir die Tür zu ihrem wundervollen, hellen Haus öffnet. Ihre warme, kluge und lustige Persönlichkeit und frisch gekochter Kaffee sorgen schnell für absolutes Wohlbefinden. Man ist einfach gerne in ihrer Nähe und ich vermute, es ist einer der Gründe, warum ihr Blog so erfolgreich ist, und Scharen von Followern in seinen Bann zieht. Stadt Land Mama betreibt sie seit 2014 zusammen mit Lisa, die sie damals an Board holte, und die beiden entpuppten sich als perfektes Team.

Lisa und Katharina

BMS: Ich kann mich noch gut erinnern, dass du 2014 mit dem Bloggen anfingst, denn wir sind uns in diesem Jahr das erste Mal begegnet. Im Rückblick hat sich SLM rasant entwickelt, was sind aus Deiner Sicht die 3 wichtigsten Faktoren für diesen Erfolg?

KN: Als ich eingestiegen bin, wurde der Blog noch etwas halbherzig geführt, ich kann mich erinnern, wir hatten damals 50000 Klicks im Monat, inzwischen sind es 600000. Also wir haben uns etwas gesteigert. Ich bin mit viel Dampf eingestiegen, weil ich das Potenzial ahnte, und habe mit Lisa den Content extrem erhöht. Wir liefern unseren Lesern inzwischen 6-mal die Woche Neuigkeiten und Beiträge, Werbung kommt hinzu.

Wir sind auch davon weggegangen, den Blog als Tagebuch zu führen, da uns unser Leben auf Dauer nicht spannend genug erschien und es uns ein großes Anliegen ist, einen Querschnitt aller Mütter zu präsentieren. Alt, jung, alleinerziehend, wohlhabend, weniger begünstigt. Auch Mamas, die schwere Schicksale zu verkraften haben, wollen wir eine Plattform bieten und lassen möglichst viele verschiedene Mütter zu Wort kommen. Natürlich bearbeiten wir alle Texte, auch die Gastbeiträge. Unsere dritte, große Stärke ist die Arbeit in Tandem, alleine könnte man es nicht stemmen.

BMS: Buch schreiben, Beiträge für andere Medien, Insta, Blog und 3 Kinder, hast du übernatürliche Kräfte, oder bist du einfach ein extremes Organisationstalent?

KN: Tatsächlich arbeiten wir von morgens bis ca 14.30 und können dann auch für die Kinder da sein. Natürlich bin ich zwischendurch am Handy, um dann doch noch mal einen dringenden Kommentar zu beantworten, oder setze mich auch abends manchmal hin, wenn alle im Bett sind. Gerade in Zeiten der drohenden Buchabgabe zum Beispiel. Aber in der Regel lässt sich der Workload besser bewältigen, als es vielleicht scheint, man muss eben sehr fokussiert arbeiten. Den Haushalt, einkaufen etc. mache ich dann tatsächlich außerhalb der Arbeitszeit mit den Kindern. Ist aber lustig, ich denke auch immer von anderen, unglaublich, was die alles schaffen.

BMS: Du warst lange Zeit bei der Bild am Sonntag angestellt, ein großer Vorteil der Selbstständigkeit? 

KN: Definitiv die Flexibilität. Meint drittes Kind war sehr häufig krank und es hätte mich unfassbar gestresst, ständig meinen Arbeitgeber versetzen zu müssen. Auch wenn große Konzerne das stemmen sollten, ist da das eigene, schlechte Gewissen, was es einem schwer macht. Andererseits ist es im Home Office auch manchmal einsam, es fehlt der Austausch und Lunch mit Kollegen und natürlich plagen einen schnell Existenzängste, sobald es etwas schlechter läuft. Ich kann daher nicht kategorisch ausschließen, irgendwann wieder in einer festangestellten Position zu sein. Solange man kleine Kinder hat, ist die Selbstständigkeit jedoch ein Geschenk.

BMS: Habt Ihr verschiedene Aufgabenbereiche?

KN: Wir arbeiten sehr spontan, es gibt keine Redaktionspläne, oder strenge, selbst auferlegte Vorgaben. Wir sind in täglichem, regen Austausch und können uns da frei und kurzfristig bewegen. Ich bin zugegeben der Finanzminister, verhandele die Kooperationen, meistens zumindest. Lisa hingegen ist besonnener und diplomatischer, als ich und unser „Außenminister“, sie übernimmt große Teile der Kommunikation mit der Community. Ein Riesenglück ist, wir rechnen nie auf. Es gibt immer Wochen, in denen einer mehr arbeitet, als der andere. Aber es herrscht großes Vertrauen unter uns, wir ticken ähnlich und wissen, die andere würde Dich niemals ausnutzen.

BMS: Gibt es Meinungsverschiedenheiten? Wie löst Ihr sie?

Wir sind uns häufig einig. Selbst bei Projekten außerhalb des Blogs lesen wir uns gegenseitig und vertrauen auf die Korrekturvorschläge des anderen. Wenn Lisa etwas gar nicht möchte, oder ich, wird es nicht umgesetzt. 0der umgekehrt, ist es der anderen superwichtig, machen wir es trotz Bedenken. Wir sind großzügig, ein wichtiges Kriterium im Tandem. Unsere Beziehung ist sehr intensiv, Lisa ist mein Arbeits- Ehepartner, dennoch reicht es nicht zu weit ins Privatleben. Unsere Ehemänner sind sich zum Beispiel noch nie begegnet. Und wir planen auch keine gemeinsamen Urlaube.

BMS: Welche Bedeutung hat social media für Stadt Land Mama?

KN: Den Inhalt und die Kommunikation betreiben wir gemeinsam, aber ohne fremde Hilfe; mit klarem Focus auf Facebook, in der unsere Community noch am stärksten vertreten ist. Insta ist ein wenig zu bildlastig, unsere Geschichten brauchen mehr Platz. Für Pinterest bleibt leider keine Zeit mehr, da brauchen wir Unterstützung. Ein Nachteil der ständigen Präsenz auf social media ist, ich verbringe zu viel Zeit zwischendurch am Handy und den Kindern fällt das auch schon auf.

BMS: Auf Stadt Land Mama gibt es wenig Tabuthemen und viele, traurige Themen, wie Armut unter Alleinerziehenden, Trennungen, Tod, Abschied, Abtreibung, Vergewaltigung. Wir wählt Ihr Eure Beiträge? 

KN: Oft ergeben sich aus den bewegenden Themen auch wieder Nachfolgende, weil die Gemeinschaft stark reagiert , die Schicksale nahe gehen und Interesse wecken.

BMS: Nachfrage bestimmt das Angebot?

KN: Im Moment war es vielleicht tatsächlich etwas viel, das ist kein Kalkül, sondern hat sich so ergeben. Wir zeigen aber ganz klar nicht die pastellfarbene Insta Welt, in der vermeintlich alles perfekt ist, sondern bilden ab, was wirklich draußen passiert. Wir geben denen eine Stimme, die weniger ins heile Welt Klischee passen! Und halten auch Kontakt zu den Betroffenen. Oft gehen mir die Themen auch selber nahe und wir versuchen dann, zu helfen und etwas positives zu bewirken.

BMS: Euer erstes Buch ist erschienen. Ihr nehmt in »Wow Mom« den Druck aus der Mutterschaft und zeigt: Jede Mama ist die beste für ihr Kind! Man könnte denken, Ihr seid die absoluten Pros in Sachen Elternschaft.

KN: Nein, das stimmt so nicht. Wir sind Profis in Sachen Mutterschaft. Man fragte uns, ob wir einen Erziehungsratgeber schreiben wollen. Mussten wir verneinen, wir wissen auch oft nicht, wie es geht. Das Buch handelt definitiv von der Mutter und was sie durchmacht, nicht von typischen Themen, wie, wie schläft mein Kind besser. Meine Kinder schlafen immer noch schlecht.

BMS: Unser Blog ist einer der ersten aus Deutschland, der sich der Kidswear verschrieben hat. Vor allem beschäftigen wir uns mit Nachhaltigkeit in dem Segment. Wie kaufst du für Deine Kinder ein? Und ist Nachhaltigkeit im Alltag ein Thema?

KN: Vor allem achte ich bei Winter- und Skibekleidung auf gute Qualität, da alle 3 Kinder diese tragen sollen. Wir leben das 2nd Hand Prinzip mit unseren Kindern und ich habe auch noch eine Schwester, die Sachen von mir bekommt. Als ich noch am Prenzlauer Berg wohnte, war der Konsum allgegenwärtig und ich habe viel mehr und weniger bewusst gekauft, das habe ich deutlich verändert. Auch versuchen wir, Plastik im Alltag zu reduzieren und ich benutze ein Lastenfahrrad, wann immer es möglich ist. Das Schöne ist, dass die Kinder heutzutage selbstverständlich dazu erzogen werden, ressour­cen­scho­nend zu leben, da hat sich soviel bewegt.

by Leni Moretti

BMS: Liebe Katha, es hat großen Spass gemacht, mit Dir zu sprechen. Vielen Dank!

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