Schon lange wollten wir uns einmal mit den Ooshi Gründerinnen zusammensetzen, um herauszufinden, wie sie eigentlich alles schaffen. Ein komplett neues Produkt auf dem deutschen Markt einführen und dann direkt so erfolgreich zu sein. Die erste Periodenpanty in Deutschland. Wow! Wir sind beeindruckt und spazieren voller Vorfreude zu unserem Interview mit einer der Gründerinnen Kristine Zeller.
Kristine: Die Selbstständigkeit ist eine super Möglichkeit, eine bessere Vereinbarkeit zu erzielen. Man kann sie sich selbst so gestalten, dass es wirklich gut klappt.
Ehrlicherweise arbeite ich im Moment noch mehr als in meinem vorherigen Job, obwohl ich eigentlich dachte, das geht gar nicht. Es ist eine Illusion zu glauben, dass es weniger wird. Es wird eher mehr. Aber, der entscheidende Unterschied ist, wir sind viel flexibler. Und weniger fremdbestimmt. Wir teilen unsere Zeit selbst ein und setzen die richtigen Prioritäten. Man weiß, man hat es selbst in der Hand.
BMS: Man wird also nicht mehr so von Aufgaben überrannt wie in einem großen Konzern?
Kristine: Ja und Nein. Es gibt natürlich sehr viele Aufgaben die erledigt werden müssen und man hat nicht so viele Mitarbeiter wie in einem großen Konzern, in dem man Aufgaben an sein Team delegieren kann. Da muß man manchmal auch selbst eher ungeliebte Aufgaben machen. Aber es ist eben sehr viel flexibler.
Ich bin kein großer Freund von Meetings in stundenlangen Blöcken von morgens bis abends. Das ist sehr kräftezehrend, man ist fremdbestimmt und hat das Gefühl, dass man gar nicht mehr zum arbeiten kommt. Das ist jetzt anders. Wir haben viel weniger Meetings und wir hinterfragen vorher eine Million Mal, ob wir sie wirklich brauchen. Aber zum Beispiel unser montags Trade ist sehr wichtig, um an den Stellschrauben zu drehen. In unserem Monatsmeeting schauen wir uns die Finanzen an. Da, aufgrund der hohen Ausgaben für die Stoffe und Produktion, die Liquidität enorm wichtig für uns ist. Abgesehen davon haben wir eigentlich keine fixen Termine und das fühlt sich für mich befreiend an.
BM: Wie sieht denn so ein typischer Tag bei euch im Ooshi Office aus?
Kristine: Kati und ich sind früh morgens im Büro. So gegen 15:30 Uhr, manchmal auch ein wenig früher, hören wir auf zu arbeiten und holen die Kinder ab. Ich mache Hausaufgaben mit meiner Großen und die Kids verziehen sich danach meistens zum Spielen in den Garten oder gehen zu ihren Freunden. Ich setzte mich dann oft noch mal hin und arbeite. Natürlich kommen die Kinder zwischendurch und zeigen mir was sie gemacht haben oder rufen mich in den Garten um mir etwas anzuschauen. Aber dadurch, dass ich in greifbarer Nähe bin, habe ich das Gefühl, bei den Kindern zu sein. Abends wenn sie dann im Bett sind, setze ich mich noch mal hin um etwas zu arbeiten.
Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, wenn heute ein schöner Herbsttag ist, höre ich schon um 14 Uhr auf, hole meine Tochter von der Schule ab und wir gehen Kastanien sammeln. Das kannst du eben nicht, wenn dein Tag mit Terminen geblockt ist.
Wir haben Ooshi so aufgebaut, dass wir orts- und zeitunabhängig arbeiten. Das gilt natürlich auch für alle unsere Mitarbeiter/innen. Bei uns ist es also normal, wenn jemand nicht im Büro ist. Keiner wird dann misstrauisch und denkt, arbeitet der oder die denn überhaupt? Mal sind wir da, mal nicht, mal sind alle da, mal keiner. Es kommt auch vor, dass wir skypen und der andere ist im Freibad. Das ist in Ordnung, denn man weiß ja trotzdem bis zum vereinbarten Zeitpunkt muss alles fertig sein und wenn das klappt, kann die Person doch ruhig im Freibad arbeiten. Gerade für Eltern ist das eine tolle Situation.
BM: Es ist toll, auf so einer Vertrauensbasis zu arbeiten.
Kristine: Unsere Mitarbeiter wissen diese Flexibilität extrem zu schätzen. Ich bin mir sicher, dass sie das nicht ausnutzen. Sie sind froh, auch mal spontan ein Wochenende wegfahren zu können. Natürlich arbeiten sie dann am Freitag trotzdem, aber von dort, wo sie gerade sind.
BMS: Bei den vielen verschiedenen Aufgabenbereichen, mit denen ihr täglich konfrontiert seid (Produktion und Beschaffung, Produktentwicklung, Shootings, Marketing, Networking…), wie schafft Ihr es, den Überblick zu behalten und welche 3 Themen sind die zeitintensivsten?
Kristine: Kati und ich haben uns aufgeteilt. Sie ist verantwortlich für Marketing und Finanzen, ich mache Produkt und Operations, also alles was mit der Logistik zu tun hat. Dadurch, dass wir so eine klare Aufgabenteilung haben, ist es auch relativ leicht den Überblick zu wahren.
Im Produktbereich ist eines der größten Themen die Beschaffung. Wir produzieren jeden Monat. Das heißt, wir müssen die Stoffe bestellen, diese müssen rechtzeitig bei der Näherei sein, die wiederum die Freigabe für die Schnitte benötigt damit sie produzieren können. Zuletzt muss das finale Produkt in der richtigen Qualität bei uns in Berlin bei unserem Logistikdienstleister ankommen.
Bei Kati fällt im Marketing, aber auch in der PR und dem Community Management die meiste Arbeit an. Ads optimieren, der Presse Interviews geben, Presseanfragen beantworten, Influencer betreuen. Letztere sind ja keine Maschinen, sondern Menschen, die Fragen zu dem Produkt haben, eine andere Größe benötigen, oder sich unsicher sind, wie genau die Ooshi verwendet werden soll. Da kommen eine Menge Fragen zusammen, die beantwortet werden wollen.
Kristine: Als wir gegründet haben, war das eine Familienentscheidung. Mein Mann und ich saßen nachts zusammen, haben diskutiert und Business Cases quasi auf dem Bierdeckel gerechnet. Letztlich war er es, der meinte, du machst das. Es ist eine super Idee und riesen Chance.
Ohne ihn könnte ich das gar nicht machen. Es gibt immer wieder Phasen, in denen es besonders stressig ist und er noch mehr übernimmt, um mich zu entlasten. Besonders der Haushalt nimmt viel Zeit in Anspruch. Ich finde es wichtig, dass man von vornerein die Dinge anspricht und klärt, wer was übernehmen kann
BMS: Der größte Erfolg in Eurer bisherigen Zusammenarbeit sind wahrscheinlich die Umsätze und die rasante Entwicklung. Oder gibt es aus deiner Sicht einen anderen Punkt, den Ihr als größten Erfolg verbucht?
Kristine: Wenn man neutral darauf blickt, sind es sicher die Umsätze und die über 40.000 verkauften Ooshis. Was uns allerdings emotional berührt sind zwei andere Dinge.
Zum einen der Support den wir aus der Female Founder Szene erfahren. Zum Beispiel Verena Pausder, die wir bewundern mit allem, was sie macht, supportet uns sehr. Gibt uns Feedback und steht hinter unserer Sache, weil sie das, was wir machen, super findet. Dieses Netzwerk auf das wir, beim letztjährigen Female Future Force Day, nur von außen blickten und von dem wir jetzt ein Teil sind, ist einfach unglaublich.
Zum anderen die emotionalen Nachriten und das Feedback, das wir von unseren Kundinnen bekommen. Das sind die Momente, die ich eher als Erfolg werten würde als den Umsatz.
BMS: Gebt ihr eine Empfehlung ab, wieviele Ooshis eine Frau besitzen sollte?
Kristine: Die Frage kann man schlecht pauschal beantworten, denn jede Periode ist individuell und jede Frau verwendet die Ooshi anders. 70 % unserer Kundinnen tragen sie den ganzen Tag und wechseln dann zur Nacht. Wenn jemand die komplette Periode abdecken möchte, empfehlen wir 5-6 Stück.
BMS: Wenn man so viel und eng zusammenarbeitet, kann es schnell mal zu Meinungsverschiedenheiten kommen. Kommt das bei euch vor und wie schafft Ihr es dennoch ein konstruktives Miteinander zu wahren?
Kristine: Die meisten Meinungsverschiedenheiten haben wir beim Thema Workload. Es ist im Moment einfach so viel, dass wir beide wirklich am Limit sind. Immer wenn ein neues Thema hinzukommt, das weder im Produkt noch im Marketing angesiedelt ist, kommt es zu Diskussionen. Wir haben da eine sehr gute Lösung gefunden, sprechen die Konflikte immer an, schlafen eine Nacht drüber und setzen uns am nächsten Tag noch mal zusammen to clear the air. Jede sagt, was sie in dem Fall nicht gut fand. Das ist eine große Überwindung, denn es ist anstrengend aber führt tatsächlich dazu, dass unsere Beziehung immer intensiver wird.
BMS: Trefft ihr euch auch außerhalb der Arbeit, um einfach mal gemeinsam abzuhängen oder fahrt zusammen in den Urlaub?
Kristine: Ja, oft. Allerdings gibt es ja eigentlich kein Wirkliches außerhalb der Arbeit. Unsere Familien sind befreundet und die Kinder sind gleich alt. Wir treffen und oft oder fahren mal gemeinsam über das Wochenende weg.
Einmal im Jahr machen wir mit Ooshi ein Offsite. Kati und ich fahren Donnerstag Morgen immer schon vor und machen dann Donnerstag und Freitag unser Offsite. Am Freitagabend kommen dann die Männer mit den Kids nach und wir hängen ein Wochenende dran. So ist es immer eine Kombination aus Arbeit und Familienevent.
BMS: Ihr seid ja nicht nur Gründerinnen die mit ihrer Idee super den Zeitgeist getroffen haben, sondern ihr nehmt auch eine wichtige Rolle in der Nachthaltigkeitsbewegung ein, versteht euch als Mentorinnen und Vorbilder, habt wenig Geheimnisse, seid sehr transparent. War es von Beginn an der Wunsch und Plan so viel Verantwortung für die Female Community und Empowerment zu übernehmen oder hat sich das so ergeben?
Kristine: Nein, das hat bei uns eigentlich von Beginn an gezündet. Uns hat die Periodpanty gefunden und nicht umgekehrt. Wir haben viel über das Produkt nachgedacht, aber das, was bei und letztlich das Leuchten in den Augen ausgelöst hat, war Female Empowerment.
Dadurch das wir die Unterwäsche machen, brechen wir mit dem Tabu der Periode. Die Leute fangen an, sich damit zu beschäftigen, ob sie mit den bislang verwendeten Produkten überhaupt glücklich sind. Allein die Tatsache, dass man hiermit Frauen ein besseres Leben schaffen kann, ist toll. Wir sagen aber nicht, dass es für alle das richtige Produkt ist.
Der Gedanke, finde mehr zu deinem Körper. Damit verbunden auch mehr Liebe und Akzeptanz für ihn und sich als Mensch zu entwickeln. Frauen zu ermutigen ihr Ding zu machen und sich nicht in dieser patriarchalischen Welt unterzuordnen, wie es in vielen Fällen noch ist. Das ist uns ein Anliegen. Aus diesem Grund machen wir auch ganz viele Stories zum Thema gründen, Feminismus und Karriere. Wir haben sehr früh erkannt, dass es um mehr geht als Periode.
BMS: Das ist eine sehr weibliche Herangehensweise, die eine viel größere Mission transportiert, oder?
Kristine: Ja, es ist ein sehr purpose-getriebener Ansatz.
Kristine: Um bei mir anzufangen. Mein Konsumverhalten hat sich radikal verändert. Je mehr ich in dem Thema Nachhaltigkeit bin, umso mehr beschäftige ich mich, damit wo ich meine Kleidung kaufe. Mittlerweile würde ich sagen, erwerbe ich 95 % 2nd Hand. Dadurch konsumiere ich auch viel weniger und bewusster, weil es sehr recherche-intensiv ist.
Für die Mädels ist es ein wenig anders. Die Große interessiert sich gar nicht für Klamotten. Sie hat von Anfang an das angezogen, was ich ihr hingelegt habe. Die Kleine ist das genaue Gegenteil. Sie ist eine absolute Prinzessin. Es muss alles weite, wallende Schöße haben. Über die Regenhose kommt noch der Glitzerrock und sie zieht nur das an, über das sie vorher stundenlang nachgedacht hat.
Für beide ist es aber noch OK, dass ich ihnen Sachen kaufe, mehrere zur Auswahl mitbringe uns sie dann sagen, was sie davon möchten.
BMS: Gibt es irgend ein Thema, bei dem du sagst, da achtest du wirklich darauf, dass es eine Top Qualität hast?
Kristine: Wo ich wirklich auf Qualität achte, ist bei Schuhen. Da schaue ich auch nicht auf den Preis. Wir haben eine Marke gefunden, die einfach perfekt ist für meine Kinder. Hier würde ich auch niemals etwas kaufen, was qualitativ schlecht ist. Bei Bekleidung gehe ich schon eher nach der Optik und schaue mir Qualität und Verarbeitung nicht so genau an.
Ich versuche bei Kinderkleidung, viel 2nd Hand zu kaufen. Für die Kleine gelingt mir das besser. Bei der Großen merke ich, dass es zunehmend schwerer wird. Hier kaufe ich mehr neue Teile, als mir lieb ist. Mein Eindruck ist, sobald sie älter werden tragen sie die Kleidung auch länger, daher sind die einfach nicht mehr in einem so guten Zustand. Gerade Hosen ist ein sehr schweres Thema. Diese sind oftmals einfach schon total abgetragen und nicht mehr zu gebrauchen.
BMS: Hast du noch Tipps für gelebte Nachhaltigkeit im Alltag? Etwas bei dem du sagst, dass ihr darauf achtet?
Kristine: Für mich ist es die Summer der kleinen Dinge. Um bei den Kindern anzufangen, sie lieben diese Magazine die außen in Plastik eingeschweißt sind und Plastik Gimmicks enthalten. Hier bin ich mit ihnen dazu übergegangen uns diese im Geschäft genauer anzuschauen und darüber zu sprechen wie viel Plastik da dran ist. Ich merke dann, dass sie beginnen darüber nachzudenken und ein Umdenken stattfindet.
Wir benutzen keine Einwegbecher. Verpacken Lebensmittel nicht in Plastik oder Alufolie, sondern nutzen Tupper und Bienenwachstücher. Ich denke, das ist jetzt nichts Besonderes sondern eher etwas, das mittlerweile schon üblich ist. Ein wichtiger Punkt ist natürlich die Monatshygiene. Ich werfe keine Tampons oder Slipeinlagen mehr weg, weil ich jeden Tag Ooshi trage. Dadurch spart man natürlich schon viel Müll.
BMS: Vielen Dank für deine Zeit und das schöne Gespräch liebe Kristine.