Lena bekam mit 5 Jahren ihre erste Staffelei geschenkt und besuchte mit ihren Eltern viele europäische Museen. Statt sich zu langweilen, malte sie dort schon ihr jeweiliges Lieblingsbild ab. Obwohl die Kunst ihre Leidenschaft blieb, kam sie nur auf Umwegen dorthin zurück. Zunächst nämlich wurde sie eine erfolgreiche Make-Up Artistin. Über ihren Schwager, einen Modefotografen, nahm die Fashion Welt sie gefangen und es folgte die Zusammenarbeit mit den weltbesten Fotografen. Lena arbeitete unter anderem für die Cosmopolitain in Sydney und an der Oper Lyon. Über die Zusammenarbeit mit Miriam Jacks für das Interieur eines Restaurants kam sie zurück zu ihrer ursprünglichen Passion, der Kunst. Das Gespräch mit Lena hat uns richtig Spaß gemacht und ihre besondere, positive Ausstrahlung ist berührend.
BMS: Du bist ein Mensch, der sich gerne ausprobiert, war es bei der Kunst auch so, dass du recht spontan entschieden hast, dich wieder darauf zu fokussieren?
LP: In dem Fall wurde ich vorgeschlagen, eine Wand in einem Restaurant zu bemalen, und das machte soviel Spaß, das ich zu Hause noch ein solches Gemälde kreiert habe, es auf meinem nagelneuen Insta Account vorstellte und mich daraufhin Anita Tillman von der Messe Premium anrief. Sie fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, ein 5 m hohes und 30 m langes Bild live in 5 Tagen zu malen. Habe natürlich sofort „ja, klar“ gesagt, ohne zu wissen, ob ich das wirklich hinkriege. Aber ich hatte auch nicht viel zu verlieren, so dachte ich zumindest.
BMS: Und mittendrin, keine Angst, sich zu vermalen?
LP: Nein, aus jedem vermeintlichen Fehler kann man etwas Schönes machen. Ich hatte mal eine Lehrerin, ansonsten eher uninspirierend, aber sie verbat es, Radiergummis zu benutzen, oder sonstige Löschmittel, so habe ich früh gelernt, auch in der Kunst spontan zu reagieren. Das rentiert sich jetzt sehr.
BMS: Unglaubliche 150 Quadratmeter bemalt?
LP: Ja, zugegeben, ich bin immer noch sehr stolz darauf (lacht). Habe mich aber immer nur auf den Punkt vor mir konzentriert und nicht aus das große Ganze. Ich arbeite sehr intuitiv.
BMS: Zuletzt hast du auf der IMM Cologne 3 wunderschöne Wände gestaltet?
LP: Ja, das war auch ein Live Act für die Dauer der Messe. Ich hatte mir 3 Farben ausgesucht und mit denen sehr genau den Zeitgeist getroffen. Das habe ich immer gut im Gefühl und es macht mir großen Spaß den Zeitgeist zu spüren. Als ich damals anfing, lagen gerade die schwarz-weiß Malbücher für Erwachsene sehr im Trend.
BMS: Wovon ist der Zeitgeist derzeit besonders geprägt?
LP: Wir haben viel Glück mit unserem Standort hier in Berlin, ich empfinde es als Metropole, die sich etwas nach einer Future Bubble anfühlt. Wo viele Kreative aufeinandertreffen und etwas kreieren, was erst 2 Jahre später im Rest des Landes ankommt. Sicherlich eines der prägendsten Themen derzeit der Klimawandel. Die 90er habe ich so empfunden, dass jeder alles haben wollte; höher, schneller, weiter und die 00er Jahre durch das Internet so vieles davon möglich machten. Und diesen wahnsinnig schnelllebigen und einfachen Konsum förderten. Jetzt müssen wir bei jedem Paket darüber nachdenken, war das nötig, muss die Verpackung sein, wo wurde das Produkt eigentlich hergestellt und von wem. Ich denke, dieses Bewusstsein und diese neue Form von Achtsamkeit wird sich ausweiten und auf viele Menschen übergreifen. Hand made, swappen, 2nd Hand… das ist der Konsum der Zukunft. Wenige kostbare Sachen besitzen, statt Masse anzuhäufen.
BMS: Konntest du diesen Trend schon in der Möbelbranche bei der IMM beobachten?
LP: Es gibt ein wenig Bewegung. Thonet hatte zum Beispiel einen komplett wiederverwendbaren Stand auf der Messe, eine Firma, die sowieso nachhaltige, langlebige Werte schafft. Ansonsten gab es das Designfest, bei dem Nachhaltigkeit eine viel größere Rolle spielte und es viele neue Ansätze gab, Ressourcen zu schonen.
Ich male sehr floral und habe das Gefühl, dass wir alle unseren Fokus und unser Augenmerk wieder deutlich mehr auf die Natur richten sollten, um zu spüren, dass wir sie schützen müssen. Uns deshalb auch sehr gerne mit ihr umgeben und die Magie der Natur spüren möchten. Mir ist es wichtig, diese sichtbar zu machen. Und ins Bewusstsein zu rufen, wie schön und schützenswert unser Planet ist. In den Metropolen ist das vielleicht schon angekommen, aber deutschlandweit gibt es viel zu tun. Wenn ich beispielsweise außerhalb Berlins unterwegs bin, wird es schon schwierig Hafer- statt Kuhmilch zu bekommen. Also der Auftrag an uns alle: Bewusstsein schaffen, Zeitgeist und Trend in diese Richtung beeinflussen, denn ohne Sexyness hat Umweltschutz für die breite Masse wenig Chancen.
BMS: Ist Angst auch ein Motor, sich dem Klimawandel zu stellen?
LP: Das denke ich nicht. Niemand geht gerne dahin, wo ein Trauma stattgefunden hat, wir sind alle Verdrängungskünstler. Angst befeuert meiner Meinung nach sogar radikale Parteien, wie die AFD, die den Klimawandel verleugnen und treibt die Menschen aus der Mitte weg. Die Psyche kann sich nicht ständig mit brennenden Wäldern beschäftigen, da wendet man sich irgendwann aus Selbstschutz ab; einfacher ist es, ins Bewusstsein zu rufen, wie schön die Wälder sind und dass man sich ihnen zuwenden möchte, und sie instinktiv schützen will.
BMS: Du beschreibst in einem Interview, dass Kunst häufig verkopft und melancholisch ist. Dein Ziel, Kunst von Herz zu Herz zu erschaffen, signalisiert Simplicity. Aber es geht doch tiefer, oder?
LP: Ich sehe meine Kunst wie eine Zwiebel, die äussere Schicht soll pure Schönheit signalisieren, keine Ecken, Kanten oder Verstörung. Damit kein Kopf sich sofort fragen muss, warum ist das jetzt so, oder was ist gemeint. Ich bin grundsätzlich ein Mensch, der Vieles in seiner Kunst verarbeitet, deshalb kann man weitergehen, muss man aber nicht. Ich brauche keine Interpretationen, die Menschen sind nicht aufgerufen, die Bilder zu hinterfragen, darf man aber.
BMS: Wirst du beim Malen angesprochen?
LP: Ja, klar. Das gehört zum Live-Konzept, Kommunikation ist ein großer Teil davon, manchmal nicht einfach. Aber der inspire & create Gedanke ist meine Idee von Kunst und der „inspire“ Part steht vielleicht sogar an erster Stelle. Es ist für mich wichtig und schön, wenn ich es schaffe, jemanden zu Kunst und Schöpfer- und Schaffenskraft zu animieren, vielleicht sogar schöner, als wenn meine Kunst nur konsumiert wird. Ich glaube, in jedem von uns steckt ein Künstler, man muss nur seine Form finden.
BMS: Du hältst auch Workshops?
LP: Ja, ich konzipiere sie gerade erst. Es geht da vor allem um Schöpferkraft, also den Prozess, bevor man die weiße Leinwand bemalt, wie aktiviert man sich, um dahin zu kommen, wie sammelt man die positiven Kräfte und überwindet auch Bedenken. Loslassen ist im Kindesalter einfach, später wird es zu etwas, das sehr viel Heilung bringt, aber schwer zu erreichen ist. Das wollen wir in den Workshops schaffen. Der erste wird im The Lovers Space stattfinden. Sie bieten viele tolle Workshops an, vor allem auch für Mütter, hat mich schon manches Mal gerettet.
BMS: Hast du dich schon immer für Interieur Design interessiert?
LP: JA, als ich klein war, las ich schon die „Schöner Wohnen“ meiner Eltern, in der kommenden März Ausgabe gibt es ein Feature über mich, haha. Ich habe schon früher mein Kinderzimmer und die Möbelstücke ausgemessen und maßstabsgetreu gezeichnet und ausgeschnitten und neu geplant.
Hätte mich nicht die Modewelt gefangen genommen, wäre ich sicher Innenarchitektin geworden. Aber der enge Kontakt zu Menschen als Make-Up Artistin war ebenfalls komplett mein Ding.
BMS: Lassen Deine Auftraggeber Dich frei agieren?
LP: Ja, aber es ist absolut in meinem Interesse, etwas zu kreieren, das komplett in deren bestehende Welt, bzw. das jeweilige Umfeld des Auftraggebers passt. Das Gesamtkonzept muss stimmen. Ich habe ein gutes Gespür dafür, was passt, und habe immer den Anspruch, soviel Magie wie möglich reinzubringen. Und einem Raum positive Energie zu geben. Blattgold eignet sich dafür hervorragend, durch Lichteinstrahlung wirkt es von allen Seiten unterschiedlich, Herz und Auge lieben das.
BMS: Gibt es Räume, die du zu Beginn als unschön wahrnimmst?
LP: Nein, ich lebe in einer Blase. Ich sehe wirklich fast immer nur das Schöne, auch in Städten. Ich freue mich so an schönen Kleinigkeiten, dass ich die hässlichen Dinge daneben gar nicht bemerke.
BMS: Was war Dein spannendstes Projekt?
LP: Definitiv das erste Mal Israel, normalerweise weiß ich nie so genau, wo ich hinkomme, oder was passiert, oder was ich genau kreieren werde. Bei Israel fand ich aber die Berichterstattung im Vorfeld so negativ, dass ich ohnehin großen Respekt hatte und Ängste überwinden musste. Ich sollte in der Börse malen, kam dorthin in der Nacht, unten die Jungs mit den Maschinengewehren, spannend. Aber ich bin an diesem Ort sofort unfassbar gut angekommen, mittlerweile fühlt es sich wirklich wie mein 2. zu Hause an. Es war eine tolle Erfahrung, diese Ängste in ein solches Glück zu verwandeln. Richtig guter Spirit.
BMS: Wer kann sich Deine Wände noch leisten?
LP: Man kann mich für Herzensprojekte sowieso immer persönlich anschreiben, ich unterstütze manche Sachen gerne, wie zum Beispiel öffentliche Einrichtungen für Kids und nehme Rücksicht auf unterschiedliche Budgets.
BMS: Wo können wir Dich das nächste Mal live sehen?
LP: Live malen werde ich das nächste Mal beim Designfest in der Arena und im Juli im Stilwerk. Kommt vorbei!
BMS: Vielen, lieben Dank für das inspirierende Gespräch!