Lieblinge, das sind Schuhe, die Oliver und Nadine Klein leidenschaftlich in ihrem Atelier im Prenzlauer Berg fertigen. Es ist ein sonniger Tag und ein ungewohntes, schönes Gefühl, meine Interviewpartner nach der langen Kontaktsperre persönlich zu treffen. Ich freue mich sehr, sie in ihrem Ladengeschäft, das auch als Manufaktur dient, besuchen zu dürfen. Es herrscht eine geschäftige, angenehme Atmosphäre und der wunderbare Duft von Naturleder ist allgegenwärtig.
BMS: Liebe Nadine, lass uns ein paar Sätze über Deinen Werdegang und die Liebe zum Handwerk verlieren.
NK: Ich bin Orthopädieschuhmacherin und habe im Anschluss noch den Beruf der Industrieschuhtechnikerin/-modelleurin an der Deutschen Schuhfachschule gelernt. Das waren insgesamt 5,5 Jahre Ausbildung. Dort lernt man dann tatsächlich alle Leistenmodelle, Leistenformen, Lederkunde, Materialkunde usw. kennen. Das Mekka der deutschen Schuhindustrie war, bzw. ist die Stadt Pirmasens, ganz in der Nähe, dort konnte ich zusätzlich viele Praktika machen.
BMS: Und dann direkt ein eigenes Geschäft?
2004 habe ich mich mit diesem Geschäft selbstständig gemacht und Oliver, der Produktdesigner und gelernter Tischler ist, kümmerte sich um das interior concept und den Ausbau.. Das waren noch sehr andere Zeiten im Prenzlauer Berg. Es hing ein Zettel im Fenster: Laden zu vermieten, wir haben ihn unkompliziert bekommen und waren das einzige Geschäft der Straße, habe damals noch Massschuhe für Erwachsene gefertigt.
BMS: Gab es damals schon so zahlungskräftiges Klientel?
NK: Der erste Kunde war eine Nachbarin, eine ältere Dame, die direkt Schuhe bestellte, 2 Tage später ebenfalls ein Nachbar. Zum Durchbruch verhalf mir tatsächlich ein Artikel in einer Volksbank eigenen Broschüre, daraufhin kamen selbst Kunden aus Potsdam.
BMS: Du hast 2006 und 2010 deine ersten Kinder bekommen, das 3. ist jetzt 20 Monate alt…
NK: Genau, damals musste ich umdenken, denn die inzwischen sehr gut laufende Mass Schuhmacherei nahm zu viel Zeit in Anspruch. Ich selbst hatte als Kind des Ostens nicht viel Zeit mit meinen Eltern und wollte selbst unbedingt mehr für meine Familie da sein.
Oliver beendete gerade sein Produktdesign Studium, und arbeitete selbstständig als Tischler. Er hatte schon immer eine ausgeprägte Affinität zu Schuhen. So kam es dann zu Lieblinge, die ökologischen Barfussschuhen für Kinder. Die Massschuhe für Erwachsene wurden weniger, die Kinderschuhe mehr.
BMS: Entwickelt Ihr das Sortiment noch weiter?
Gerade entwickeln wir Kinderschuhe mit 3 dimensionaler Formsohle in den Größen 25-32, der Markt schreit förmlich danach. Oliver ist für die Entwicklung verantwortlich. Da passieren dann produktionstechnisch auch ganz neue Sachen.
BMS: Wie teilt Ihr Euch auf?
Ecommerce, Entwicklung, Grafik und Außenkommunikation liegen bislang bei meinem Mann, ich bin für die Produktion verantwortlich. Habe leider bislang kaum gute Mitarbeiter gefunden, deshalb bleibt doch sehr viel an mir hängen. Was mir dann zeitlich in der Modellentwicklung fehlt. Ich habe jetzt einen sehr guten Coach gefunden, der mir bei der Optimierung und in Sachen Personalführung hilft.
Wir suchen außerdem noch einen Storemanager mit Leidenschaft für Kinderfüße und Verkauf.
BMS: Euer Produkt ist komplett „Made in Germany“?
Ja, zu 100%. Wir machen alle Arbeitsschritte ausschließlich in Deutschland und das wollen wir auch bei zukünftigem Wachstum beibehalten. Sogar unser Öko-Leder und die Naturkautschuksohlen entwickeln und produzieren wir in Deutschland. Wir machen alle Arbeitsschritte in diesem Atelier, gestanzt wir noch in Weißensee. Die Sohlen haben tatsächlich Schnuller Qualität. Unser Produkt darf keinen Schaden anrichten, sondern soll nur Segen und Nutzen transportieren.
BMS: Du transportierst große Passion…
NK: Klar, ich lebe meine Berufung und liebe es eine Geschichte zu erzählen. Lieblinge ist sehr authentisch.
BMS: Euer „Key Item“ ist der Krabbelschuh mit hochgezogener Sohle?
NK: Ja, damit fing alles an. Durch die hochgezogene Sohle rollen Kinderfüße besser ab, und das Fehlen der Naht vorne lässt sie länger passen. Die Nähte innen sind weichgeklopft und die Überstände superknapp beschnitten, so dass kein Volumen verloren geht und der Schuh wirklich supersoft und komfortabel ist.
BMS: Wo verkauft Ihr Eure Produkte?
MK: Hauptsächlich über unseren Onlineshop und das Ladengeschäft im Prenzlauerberg. Zusätzlich beliefern wir ausgesuchte Händler, das sind meist inhabergeführte Boutiquen und Shops mit Leidenschaft für ökologische Produkte, wie z.B. greenstories.
BMS: Euer bestverkauftes Produkt ist…
NK: …auf jeden Fall cognacfarben. Wir haben früher mehr Farben und Kollektionen im herkömmlichen Sinne produziert. Kommt weniger gut an, als cognac, grau und Navy. Deshalb haben wir etwas reduziert. Im Winter gibt es außerdem unsere Lammfellbooties. Und die Version aus Filz.
BMS: Hast du abseits der Erweiterung des Sortiments, noch Visionen?
NK: Wenn ich wieder mehr zeitliche Kapazitäten habe, träume ich davon, mein Handwerk weiter zu geben, in Zeiten von fast Fashion, ist unser Produkt mit den Möglichkeiten des „Customizing“ ja wirklich besonders. Und ich würde mich gerne Menschen widmen, die richtig Lust haben, das Handwerk zu lernen.
BMS: Habt Ihr eigentlich „typische“ Kunden?
NK: Unsere Kunden mögen die Kombination von Nachhaltigkeit, Style und gesunden Kinderfüßen und natürlich auch den Einkauf bei lokalen Händlern.
BMS: Vielen Dank Nadine für den spannenden Einblick in Eure Arbeit.
Hier findet Ihr Eure Lieblinge: