Petit Cochon sind Friederike Sirin und Selina Schweiker. Auch bei ihnen fand mit der Mutterrolle ein Umdenken statt, die beiden verließen ihre Jobs als Moderatorin und Architektin und die Idee zu Petit Cochon wurde geboren. Petit Cochon heißt kleines Schweinchen auf Französisch und nicht nur der Name verrät, worum es in erster Linie geht. Kindgerecht muss es sein und komfortabel. Außerdem wachsen die Sachen, aufgrund der besonderen Konstruktion, mit. Ich traf die beiden in einer gemütlichen Teestube mitten in ihrem Kiez in Tempelhof, wo sie ihr Ladenlokal mit angrenzendem Büro und ein Atelier haben. Trotzdem gerade Hochsaison herrscht, nahmen sie sich Zeit für uns und waren ausgesprochen guter Laune.
BMS: Wo liegt der Ursprung Eurer Kollektion?
PC: Angefangen hat vor 8 Jahren alles damit, dass wir polyesterfreie Sachen für unsere Kinder suchten. Ehrlicherweise war der Nachhaltigkeitsaspekt damals gar nicht vorherrschend, sondern allein die Suche nach Kinderbekleidung zum Wohlfühlen, in anspruchsvollen Qualitäten. Die Kleidung sollte dazu schlicht und schön sein. Ich, Friederike, hatte die Sachen an Selinas Kindern in der Kita gesehen, die sie damals noch selbst nähte, und wünschte mir die Styles auch für meine Kids. Wir merkten tatsächlich erst im Laufe der Zeit, dass wir mit unserer lokalen Produktion so nachhaltig agierten.
Bei uns wird nichts weggeworfen, kommt ein Artikel zurück, reparieren wir ihn und verkaufen ihn 2nd Hand weiter. Außerdem versenden wir komplett plastikfrei, auch schon sehr lange. Obwohl es erst 8 Jahre her ist, war das Wort Microplastik zum Zeitpunkt unserer Gründung noch nicht in aller Munde. Wir haben das immer als selbstverständlich betrachtet, dass unser Brand sustainable ist und es wenig nach außen kommuniziert.
BMS: Seid Ihr noch in Stores vertreten?
PC: Wir können mengentechnisch gerade das bewerkstelligen, was wir online und in unserem Geschäft verkaufen, würden wir auf Messen gehen, und zusätzlich einen Vertrieb haben, wäre das vom Produktionsaufwand für uns so nicht zu bewerkstelligen. Dann käme man schnell an den Punkt, woanders produzieren zu müssen und die fairen Preise auch schwerer halten zu können. Alle Ausweitung der Mengen, würde sich nachteilig auf die Nachhaltigkeit auswirken. Selbst unsere Bündchen beziehen wir derzeit von regionalen Herstellern, genau wie alle anderen Stoffe. Das ist uns sehr wichtig.
BMS: Was macht die DNA von Petit Cochon aus?
PC: Unsere Kleidung ist schlicht, zeitlos, bequem und fair produziert. Außerdem so konzipiert, dass sie lange getragen werden kann. Durch unsere Mitwachsbündchen passen die Sachen länger als eine Saison. Wir möchten den Kindern weite Passformen und weiche Materialien bieten, so dass sie sich frei in ihren Bewegungen fühlen.
BMS: Tatsächlich fassen sich die Sachen traumhaft an, auch gerade die neuen Baumwolle Sweater sind unvergleichlich weich? Wo bekommt Ihr diese Stoffe her?
PC: Von Messen, wir suchen durchzertifizierte Bioware, jetzt sind wir auch bei Mengen angekommen, wo wir keine Kompromisse mehr machen müssen.
BMS: Wolltet Ihr so groß werden?
PC: Nein, uns ist immer das Wichtigste stilistisch bei uns zu bleiben, und die Vereinbarkeit von Familie und Job steht immer noch an erster Stelle. Wir würden nicht von bestimmten Grundsätzen abweichen, um Abverkäufe in die Höhe zu treiben. Unser Glück ist, dass sich die Marke schon nach kurzer Zeit für uns ausreichend etablieren konnte. Wir machen auch nicht bei Black Friday, oder ähnlichen Aktionen mit, oder regen zu unsinnigem Konsum an. Die Menschen sollen nur kaufen, was sie wirklich brauchen und lange benutzen können.
BMS: Ihr habt eine Marktlücke gefüllt, wie würdet Ihr Eure Kunden beschreiben?
PC: Total unterschiedlich. Wir haben Kunden, die sehr auf nachhaltigen Konsum fokussiert sind, aber auch die, die aus Gründen des Designs auf die Marke aufmerksam werden, wir können über Insta auch noch mal eine komplett andere Zielgruppe erreichen, als über unser stationäres Geschäft.
BMS: Warum ist Euer Laden eigentlich nicht im Prenzlauer Berg, wo man noch mehr den Typ Kundschaft für petit cochon vermuten würde?
PC: Wir wohnen hier. Und wollen kurze Wege. Ehrlicherweise macht auch der Online Handel den größten Part unseres Business aus. Es kommen aber tatsächlich die Kunden aus ganz Deutschland sehr gezielt zu uns. Laufkundschaft haben wir etwas weniger. Im Geschäft werden auch die Päckchen gepackt und die Büroarbeit erledigt, der Kundenservice sitzt dort auch. Es steht also niemand einfach im Laden rum.
BMS: Was ist denn Euer Rezept für ein erfolgreiches und konfliktfreies Gründerduo Miteinander?
PC: Wir lassen uns viele Freiheiten. Das Privatleben ist wichtig und wir missgönnen uns niemals freie Zeiten. Wir sind beide nicht profitgeil, uns ist Zeit mit der Familie wichtiger als Geld zum Beispiel. Das Level, das wir mit Petit Cochon erreicht haben ist gut, wir haben ähnliche Ziele und wollen keine schlaflosen Nächte, weil es mal schlechter läuft und wir uns Sorgen um die Mitarbeiter machen müssen.
Außerdem ergänzen wir uns super und haben auch Glück gehabt miteinander. Wir sind nicht streitlustig und haben viel Spaß miteinander. Haben privat wiederum weniger Überschneidungen, was vielleicht auch gesund sind. Auch das Team wird sehr sorgfältig ausgesucht, so dass wir immer darauf achten, ein gutes Betriebsklima zu erhalten.
BMS: Ist es schwer, gute Näher*innen zu finden?
PC: Auf jeden Fall. Man muss bereit sein, auch 5-mal täglich die gleiche Mütze zu nähen. Und das Design machen wir selbst, so dass dieser Aspekt ebenfalls wegfällt. Es gibt sehr wenig Nachwuchs auf dem Gebiet.
BMS: Großes Wachstum strebt Ihr also nicht an?
PC: Wir haben nicht mal einen Businessplan. Wir geben nicht mehr aus, als wir haben. Sind aus privatem Erspartem ganz natürlich gewachsen. Und fühlen uns sehr wohl damit. Wir wünschen keinen Druck von außen.
BMS: Euer Fenster zur Kundschaft…
PC:… ist Insta, ganz klar. Es ist schön, die Kunden gut zu kennen. Und das geht über Insta super. Aber auch hier beantworten wir nicht jeden Kommentar. Fragen beantworten wir gerne per Mail, und dann auch alle.
BMS: Welche Größen umfasst Euer Sortiment?
PC: Wir erweitern Schritt für Schritt. Sogar Damensachen haben wir jetzt. Zum Beispiel Sweatshirts und die Mäntel, die wir anhaben. Wir versuchen bei den Kids Größen, ebenfalls größer zu werden. Die Größe 7 bis 8J. hatten wir schon immer auf Bestellung im Sortiment.
BMS: Ähnlich wie Ihr, verfolgt unser Blog auch das Ziel zu weniger, aber dafür hochwertigerem Konsum aufzurufen.
PC: Was man unbedingt immer wieder betonen sollte, ist, dass das T-Shirt von der Stange zum Dumping Preis nicht nachhaltig sein kann, im Sinne dessen, dass alle an der Produktionskette beteiligten Menschen und Händler fair entlohnt werden. Es reicht leider nicht aus, wenn Bio Baumwolle drin steht. Und meist hat man selber auch weniger Wertschätzung übrig für so günstige Sachen. Wir animieren gerne dazu, unsere Sachen weiter zu verkaufen, zu reparieren und so lange, wie möglich, zu verwenden!
BMS: Wie nachhaltig lebt Ihr privat?
PC: Das bekommt Selina aktuell noch besser hin. Sie probiert auch immer wieder Sachen aus, wie zum Beispiel Shampoo selber herzustellen. Sie ist ein guter Einfluss für mich. Ich, Friederike trage sehr gerne 2nd Hand, auch die Sachen meiner Mutter hängen in meinem Schrank. Ich trage auch gerne Designerkleider, möchte aber nicht den regulären Preis dafür ausgeben. Außerdem tragen wir jetzt ja auch unsere eigenen Sachen. Tatsächlich gehen wir kaum noch in große Geschäfte, ein Überangebot an Sachen schreckt uns eher ab. Grundsätzlich gilt, dass hochwertig glücklicher macht, und wir verkaufen Sachen auch weiter. Auch ständig wechselnden Trends müssen wir nicht mehr Rechnung tragen. Lieber dem eigenen Stil treu bleiben.
Selina: Mich macht „Zuviel“ einfach fertig, in jeder Hinsicht. Auch Weihnachten haben wir deutlich reduziert, ich möchte nicht, dass die Kinder so viele Sachen bekommen, dass sie überfordert sind und sich auch nicht mehr drüber freuen können. Wir finden es absolut sinnvoll, eine 2nd Hand Plattform zu installieren, in der sich tatsächlich eine ähnliche „Geschmacksgruppe“ begegnet.
BMS: Ihr Lieben, vielen Dank für das schöne Gespräch und eure wertvolle Zeit.