Die Rosenthaler Vorstadt, mein Lieblingsviertel in Berlin, befindet sich auf dem Weinberg, der höchsten natürlichen Erhebung der Stadt. Wir kennen uns schon sehr lange dieses Viertel und ich nämlich genau seit 1995, als ich mich in es verliebte. In die Kastanienallee, damals noch liebevoll bis spöttisch Castingallee getauft, in die neue Art zu feiern und das Bobo Understatement zu zelebrieren. Manche damalige Weggefährten sind nicht einverstanden mit der Veränderung des Kiezes, mit teureren Mieten, besseren Restaurants und kleinen, aber feinen Läden. Bestimmt nachvollziehbar. Ich habe der Kastanienallee nichts vorzuwerfen, denn die Zeit lässt sich nicht anhalten und Straßen und Kieze entwickeln sich ebenso wie ihre Bewohner.
Deshalb freue ich mich über einen weiteren, liebevoll gestalteten Kids Concept Store, den Hai Store.
Nachdem schon Hebamme und Unternehmerin Sissi Rasche mit ihrer Geschäftspartnerin Marina Marienfeld neue Maßstäbe setzte und die Babybox schuf, ein Store, in dem Ihr alles Notwendige und Schöne für die Kleinsten findet und sich die Celeb Mums dieser Stadt die Klinke in die Hand geben, setzt nun auch Yue Xing die Messlatte hoch. Bei ihr können hippe Mums und Dads auch für Teenager bis 14 Jahre fündig werden und viele unterschiedliche, fair produzierte Brands kennenlernen.
Wir haben Yue besucht und durften eine offene und durch und durch positive Person kennenlernen, die sich alleinig aus Leidenschaft zur Existenzgründung entschied.
BMS: Liebe Yue, du bist gebürtige Chinesin, wie kam es zu Deiner Liebe zu Deutschland.
Yue: Ich ging damals auf die internationale Schule und hatte die Möglichkeit, ein Jahr im Ausland zu verbringen. Es wurde dann Deutschland. Im Jahr 2008, obwohl ich eigentlich lieber nach Frankreich oder Holland gewollt hätte. Ich hatte hier dann richtig Glück mit meinen Gastfamilien und habe schnell Deutsch gelernt. Ich fühlte mich sehr wohl.
Eigentlich sollte ich anschließend England studieren, aber ich wollte lieber hierbleiben. Es war schwierig mit dem Visum, aber letztendlich habe ich einen Platz im Internat bekommen und konnte, nachdem ich am Goethe Institut Deutsch gelernt hatte, an einer Privatschule Abitur machen. China war sehr streng mit mir und die Ansprüche dort hoch. Als Kind wird man dort viel mit anderen verglichen, das hat großen Druck erzeugt.
BMS: Du hast dann deinen Weg hier alleine gemacht?
Yue: Ich war für kurze Zeit wieder zurück in China, in Nanjing, meiner Heimatstadt, um zu überlegen, wie es weitergehen soll und in der Zeit lernte ich meinen Mann kennen, der beruflich in China war. Nachdem wir uns mehrere Jahre kannten, haben wir geheiratet und er fand einen Job in Berlin, so kam auch ich hierher. Ich bin hier zur Uni gegangen. Hatte aber eigentlich immer den Traum, etwas Eigenes zu eröffnen.
BMS: Die Zeiten für den stationären Einzelhandel sind hart. Man muss mutig sein, einen neuen Laden zu eröffnen…
Yue: … ehrlicherweise bin ich am Ende ein sehr spontaner Mensch, der nicht so viele Bedenken oder Risiken im Kopf hat. Und ich wollte immer genau das machen. Ich habe aber im Hinblick auf das Segment den Vorteil, dass es große Nachfrage in China nach Kids Wear made in Europe gibt und ich dort gut vernetzt bin und einen 2. Absatzmarkt sehe. Wir waren 6 Monate in China im letzten Jahr und ich bin ständig auf die Kleider meiner Kinder angesprochen worden.
BMS: Der Store ist sehr schön geworden.
Yue: Danke, ich habe viele Sachen wie auch den Einkauf nach persönlichem Geschmack entschieden, da mir die Erfahrungswerte bislang fehlen. Bestimmt habe ich auch Fehler gemacht. Ich bin aber sehr glücklich, vor allem über die Location und freue mich zusätzlich darüber, dass hier tolle Kids Stores in der Nähe sind. Das ist eine Bereicherung.
BMS: Das Design des Hai Store ist besonders. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Anna? (Anna Härlin, Branding & Graphic Design haben wir Euch auf diesem Blog schon vorgestellt)
Yue: Totaler Zufall, meine Nachbarin hat uns zusammen gebracht, sie hatte Anna kurz vorher bei einem Networking Event kennengelernt. Anna hat das Design des Hai Store, von der Ladeneinrichtung bis zur Visitenkarte kreiert.
BMS: Welche sind die Top 3 Lieblinge unter deinen Brands?
Yue: Auf jeden Fall Fairechild, tolle Outerwear aus Kanada, handgemacht aus recycelten PET Flaschen (https://faire-child-makewear.myshopify.com). The simple folk, eine ebenso nachhaltige Brand, die 2 Mums in England gegründet haben (https://thesimplefolk.co.uk/pages/our-story) und tolle Holzspielzeuge, „the wandering workshop“ ein junges Pärchen aus Griechenland (www.thewanderingworkshop.com), hat die Marke ins Leben gerufen.
BMS: Die Frage, sie sich alle „working mums“ stellen. Wie stemmst du Deine Familie und die Selbständigkeit gleichzeitig?
Yue: Nicht so einfach, ich musste die Erfahrung machen, daß mein Kleinkind gar nicht so gut mit mir im Geschäft sein kann, wie ich ursprünglich dachte. Der Weg zur Steckdose war leider schnell gefunden. Aber mit Tagesmutter, meinem Ehemann und 2 Aushilfen werden wir das schaffen. Einen Babysitter suche ich noch. Ich bin einfach unfassbar gerne hier im Store, manchmal vergesse ich tatsächlich über Stunden auf die Uhr zu schauen.
BMS: Wir wünschen Dir viel Erfolg und bedanken uns für das schöne Gespräch.